Werte

An dieser Stelle möchten wir darlegen, welche grundlegenden Überzeugungen wir als Vineyard Staufen und damit als Teil der Vineyard Bewegung haben und wie diese unser Gemeindeleben prägen.

Wenn wir über grundlegende Überzeugungen der Vineyard Bewegung schreiben, dann geschieht dies in dem Wissen, dass zahllose andere Gemeinden, die nicht der Vineyard Bewegung angehören, diese Überzeugungen mit uns teilen. Es sind keine Alleinstellungsmerkmale.  Gleichzeitig werden manche Kirchen und Gemeinschaften andere Werte hochhalten, die in der folgenden Aufzählung nicht enthalten sind. Und das ist gut so. Wir benennen hier lediglich, was der Vineyard Bewegung aufs Herz gelegt wurde und wofür sie bekannt ist bzw. bekannt sein will. Wir beschreiben, was wir modellieren und multiplizieren, ein- und ausüben wollen.

Dieser Aufstellung liegt ein Vortrag von John Mumford, dem Leiter der Vineyard Bewegung in Großbritannien und Irland, zugrunde. Er hat darin zwölf Charakteristika  der Vineyards benannt.[1] In seinem Vortrag bezog sich John Mumford mehrfach auf markante Aussagen von John Wimber, dem Begründer der Vineyard Bewegung. Diese Aussagen, Zitate sind in Englisch angeführt und  fett markiert. An vielen Stellen wurden Ergänzungen zu John Mumford‘s  Ausführungen eingefügt in der Hoffnung, dass die einzelnen Merkmale und Überzeugungen dadurch verständlicher und nachvollziehbarer werden. Nun werden im Folgenden zwölf wichtige Merkmale, Überzeugungen, Charakteristika oder eben Werte der Vineyard Gemeinden genannt:

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1. Die Bibel ist unser Leitfaden

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2. Das Reich Gottes-Verständnis: Schon jetzt & noch nicht

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3. Komm Heiliger Geist! 

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4. Anbetung

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5. Den Dienst Jesu tun

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6. Jeder kann mitspielen

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7. Komm wie du bist

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8. Natürlich übernatürlich

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9. Die Heiligen ausrüsten

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10. Gemeinde, die Gemeinde gründet

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11. Mein Bruder ist nie mein Feind

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12. Integrität, Ehrlichkeit & Transparenz

Erläuterung der einzelnen Punkte

 

1

Die Bibel ist unser Leitfaden. Sie gibt uns Orientierung und ist der Maßstab, an dem wir uns ausrichten wollen. Die Gemeinde soll ein Ort sein, an dem Menschen ermutigt werden, die Bibel zu lesen und sie immer mehr kennen und lieben zu lernen. Sie sollen dabei unterstützt werden, sich bei aufkommenden Fragen zuerst an die Bibel zu wenden und dort nach Antworten zu suchen. Wir möchten an erster Stelle fragen: „Was sagt die Schrift?“ (Röm.4, 3). Dabei wollen wir bei der Hauptsache bleiben: es geht vor allem um das Evangelium für alle Menschen und Gottes Erlösungshandeln in Jesus Christus. Unser Anliegen ist es, die zentrale Botschaft der Bibel auf zeitgemäße Art und Weise zu vermitteln und zu verkündigen. John Wimber  bezeichnete diesen Wert als „the main and the plain“ – übersetzt „das Hauptsächliche und das Offensichtliche“.

 

2

Ein zweites Kennzeichen der Vineyard Bewegung ist ihr Verständnis vom Reich Gottes als „now and not yet“, als bereits angebrochenem und noch nicht vollendetem Reich (Mk. 1,15). In dieser Spannung leben wir. Wir sehen, dass die Herrschaft des Reiches Gottes bereits angebrochen ist. Dies ermutigt uns, im Alltag zu erwarten, dass Gott eingreift, dass ER in unserem Leben wirksam und erfahrbar ist. Wir rechnen damit, dass das Reich Gottes sich nicht nur auf unser persönliches Leben auswirkt, sondern neue Gemeinschaften hervorbringt, zu sozialer Gerechtigkeit führt, Versöhnung ermöglicht usw. Bert Waggoner, der Leiter der Vineyard Bewegung in den USA schildert das zweite Merkmal der Vineyards so:
 „Die Vineyard ist zuerst und vor allem, eine Reich Gottes Bewegung. Das Reich Gottes ist unser zentrales theologisches Motiv, das all unser Leben und Tun beeinflusst. Die Theologie des Reiches Gottes ist nicht etwas, was sich einfach so in Gedanken abspielen sollte, es kann eigentlich nur durch Erfahrung erkannt werden. Es ist etwas, was gelebt werden muss. Es ist nicht bloß ein Vorschlag, der geglaubt werden soll. Es ist eine Dynamik, die Dynamik von Liebe und Kraft des rettenden Gottes.“ Gleichzeitig werden wir durch das „bereits und noch nicht“ – Verständnis von Gottes Reich davor bewahrt, alle Erfüllung im Hier und Jetzt zu suchen. Zu wissen, dass Gottes Reich hier auf der Erde noch nicht vollendet ist, hält uns in einer gewissen Balance und ‚gesunden‘ Ausgewogenheit.

 

3

Typisch Vineyard ist, dass immer wieder in den Gottesdiensten und sonstigen Treffen gebetet wird: „Come Holy Spirit“ – Komm Heiliger Geist. Selbstverständlich beinhaltet das Gebet nicht, dass Gottes Geist nicht schon anwesend wäre (Joh.14, 16-17). Vielmehr ist es die tiefe Sehnsucht unseres Herzens, seine Gegenwart zu erleben. Wir wollen, dass er sich uns offenbart, dass er zu uns spricht und uns immer wieder neu bewusst wird, dass seine Liebe uns gilt und ausgegossen ist in unser Herz. Das Gebet „Komm Heiliger Geist“ ist nicht neu. Die Kirche betet so seit Jahrhunderten, um Brot und Wein zu segnen und zu weihen. In der Vineyard beziehen wir das Gebet darauf, dass Gottes Geist anwesend ist und alles, was wir tun, weiht und segnet. Wir möchten, dass sich sein Reich manifestiert. Wir sind überzeugt, dass seine Gegenwart eine greifbare Realität ist. Und während wir sensibel für die Gegenwart des Geistes und damit ansprechbar werden, lernen wir zu sehen, was Gott gerade wirkt. Wir wollen für IHN verfügbar sein, nicht über IHN verfügen,  SEIN Besitz werden, nicht IHN für uns besitzen.

 

4

Ein weiteres Kennzeichen der Vineyard ist „worship“ – Anbetung. In den Vineyard Gemeinden wird großer Wert darauf gelegt, Gott einzeln und in den Versammlungen anzubeten. Dabei werden nicht so sehr Lieder über Gott, sondern Lieder an und zu Gott gesungen. Anbetung beschränkt sich aber nicht auf die Zeit im Gottesdienst, in der Lieder gesungen werden. Wir wollen Anbetung vielmehr als Lebensstil kultivieren und damit zum Ausdruck bringen, dass Gott im Zentrum unseres Lebens steht und nicht wir selbst.

 

5

Im Lukasevangelium, Kapitel 4, Vers 18 sagt Jesus von sich: 
„Der Geist des Herrn ist auf mir, deswegen, weil er mich salbte, den Armen gute Botschaft zu sagen. Er hat mich gesandt, zu heilen die, deren Herz zerbrochen ist, Gefangenen Erlassung zu verkünden und Blinden, dass sie wieder sehen dürfen, Zerbrochene als Freigelassene zu entsenden, und zu verkünden ein angenehmes Jahr des Herrn.“ 
Jesu Dienst galt den Armen, den Zerbrochenen, den Kranken. Wir haben keinen anderen Dienst als den Dienst Jesu (Joh.14, 12; Mk.16, 15-18; Jak.5, 14-16). Wir beten für die Kranken und um Befreiung von geistlicher Knechtschaft durch Dämonen. Wir üben Barmherzigkeit. Wir geben Hungrigen zu essen. Wir bekleiden die Nackten. Wir ermutigen die Mut- und Kraftlosen.

 

6

„Everyone gets to play“ – Jeder kann mitspielen.  Auch das ist für uns als Vineyard Gemeinde von zentraler Bedeutung. In der Vineyard gibt es keine hierarchischen Strukturen. Wir haben nicht eine Gruppe von besonderen Menschen, die alle Dienste ausführen, während der Rest von uns Zuschauer ist. Nein, jeder kann mitspielen. Dieses Prinzip ist nichts anders als das Priestertum aller Gläubigen, das Martin Luther während der Reformation neu ins Bewusstsein gerufen hat. Männer und Frauen sollen ihren Platz in der Gemeinde finden, sich mit ihren Gaben, Fähigkeiten und Neigungen einbringen und zur Freude Gottes, zum Wohl der anderen und zur eigenen Zufriedenheit dienen.

 

7

Den nächsten Punkt veranschaulicht eine Begebenheit aus dem Leben Jesu. An einem frühen Morgen führten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau zu Jesus, so wird es uns im Johannesevangelium berichtet (Kap.8, 3ff.), die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: „Lehrer, diese Frau ist auf frischer Tat ertappt worden, als sie Ehebruch beging. Im Gesetz gebot uns Mose, dass solche gesteinigt werden sollen. Du nun, was sagst du?“ – Bevor die Antwort Jesu auf diese Frage zitiert wird, geben wir an dieser Stelle an, was uns als Vineyard Gemeinde wichtig ist. Es ist der (Grund-)Satz:  Come as you are. – Komme wie du bist.  
Wir möchten eine offene, einladende Gemeinde sein, zu der Menschen kommen können, wie sie sind. Noch bevor sie glauben, sollen sie dazugehören.  Wir wollen ein Ort der Hoffnung sein. Man darf kommen wie man ist und dann erfahren, wie Jesus in der Lage ist, Neues zu schaffen und Veränderung hervorzubringen. Zurück zur Begebenheit aus dem Johannes Evangelium. Jesus spricht: „Frau, wo sind jene, deine Ankläger? Verurteilte dich niemand?“ Sie sagte: „Niemand, Herr.“ Jesus sagte zu ihr: „Auch ich verurteile dich nicht. Gehe hin und sündige nicht weiter!“  Wie schön ist es, dass wir nicht so bleiben müssen wie wir sind und nicht so weiter machen müssen wie bisher.

 

8

Natural supernatural – natürlich übernatürlich.   Die Redewendung veranschaulicht, dass wir so normal wie irgend möglich Gott dienen möchten. Wir möchten die Gaben des Geistes, die Gott  den Gläubigen verheißen hat und nach denen wir streben, auf eine unaufgeregte, natürliche Art und Weise gebrauchen. Gottes Wirken ist natürlich übernatürlich. Wir streben ein authentisches, nachvollziehbares  Christentum an – keinen  Hype und keine Manipulation. Wir müssen keine Geschichten erfinden und haben nicht das Bedürfnis von einem geistlichen Hoch zum nächsten zu klettern. Wir möchten Gottes Wirken nicht erzwingen, aber wir erwarten sein Wirken hier und jetzt. Wir treten in den Hintergrund und lassen den Geist das tun, was ER tun will. ER wirkt natürlich übernatürlich.

 

9

Es ist uns ein Anliegen „die Heiligen auszurüsten“.Diese Formulierung ist dem Brief des Paulus an die Epheser entnommen (4, 11ff.). Es geht um den ganzen Ideenhorizont von Ausbilden und Ausrüsten. Christen, die im Neuen Testament häufig als Heilige bezeichnet werden, sollen zugerüstet werden, um ihren Platz in der Gemeinde, die den Leib Christi in der Welt darstellt, einnehmen und ausfüllen zu können. Jedes Glied dieses Leibes ist wichtig und soll an der ihm von Jesus Christus als dem Haupt der Gemeinde zugedachten Stelle zum Einsatz kommen und wirken (1.Kor. 12; Röm. 12, 3-8). Deshalb unterrichten wir und leiten dabei an, wie wir die Bibel verstehen, wie wir füreinander beten, wie wir Kleingruppen leiten können etc. (=Anleitung zur Jüngerschaft).

 

10

Die Vineyard Bewegung gründet Gemeinden, die Gemeinden gründen. Sie ist eine Gemeindegründungsbewegung. Oder in einem Bild gesprochen: Die Frucht eines Apfelbaums sind nicht allein Äpfel, sondern auch neue Apfelbäume. Wir sind überzeugt davon, dass neue Gemeinden der beste Weg sind, die Gute Nachricht des Evangeliums weiterzusagen.

 

11

Ein weiterer Grundsatz lautet: „Mein Bruder ist nie mein Feind!“  Als Vineyard Gemeinde lieben wir den ganzen Leib Christi. Es ist uns ganz wichtig, dass wir gute Beziehungen pflegen mit Gemeindegliedern und Leitern anderer Denominationen und Bewegungen. Alle, die den Namen Jesus anrufen und bekennen, dass Jesus der HERR ist, nennen wir unsere Brüder und Schwestern und nehmen sie als solche an. Das gilt unabhängig davon, dass sie manchen Punkten anders denken und andere Bräuche pflegen. Wir möchten nie schlecht über eine andere Gemeinde oder einen anderen Pastor, Priester oder Pfarrer sprechen.

 

12

Das zwölfte und letzte Merkmal, das hier angeführt wird, betrifft die Art, wie Leiterschaft und Führung in der Vineyard ausgeführt werden soll. Dies betrifft den Themenkreis von Integrität, Ehrlichkeit und Transparenz.  Der Apostel Paulus definiert im ersten Brief an Timotheus Kriterien, die maßgeblich sind für Personen, die Leitung in der Gemeinde ausüben (Kap.3, 1ff.). Er beginnt seine Aufzählung damit, dass der Leiter untadelig sein soll und schließt mit dem Hinweis, dass der Leiter ein gutes Zeugnis von denen, die außerhalb der Gemeinde sind, haben muss. Der Begriff untadelig ist wie eine Zusammenfassung, der dann einzeln aufgezählten Merkmale. Zusammen mit dem letzten Hinweis auf den guten Ruf eines Leiters ergibt sich eine Klammerstellung; es sind quasi Buchdeckel, die einzelne Seiten zusammenbinden. Und anhand der darin formulierten Kriterien werden Leiter beurteilt. Wie sprechen Außenstehende über den Leiter der Gemeinde? Ist die Person maßvoll, nüchtern etc.? Es muss geprüft werden, bis zu welchem Grad jemand mit Leitungsfunktion die Kriterien dieses Standards erfüllt. Weiter ist uns wichtig, dass bevollmächtigende Leiterschaft ausgeübt wird – im Gegensatz zu nur vollmächtiger Leiterschaft. Mit anderen Worten: eine Person in Leiterschaft soll nicht nur selbst vollmächtig sein, sondern andere sollen bevollmächtigt werden. Das heißt, Menschen mit Leitungspotential sollen Raum und Verantwortung bekommen, um in ihrer spezifischen Art  zu dienen. Wir möchten eine Herzenshaltung einnehmen, die sich ehrlich darüber freut, wenn andere Menschen bevorzugt, geehrt und gefördert werden und schließlich erfolgreicher sind als wir es selbst sind oder waren. Wir möchten uns dadurch nicht bedroht fühlen, wenn andere uns überholen. Wir streben eine dienende Leiterschaft an und wollen funktionale, nicht   positionsbezogene Leiterschaft.

[1] Vortrag auf der Leiterkonferenz in Berlin 2011