April 2021

Liebe Gemeinde,
am 23. Januar 2020 wurde die Megastadt Wuhan mit ihren 11 Millionen Einwohnern komplett abgeriegelt. In der Folgezeit sickerten immer mehr Nachrichten über eine mysteriöse und ansteckende Krankheit durch, bis schließlich im März vergangenen Jahres der erste „Lockdown“ hierzulande beschlossen wurde. Damals wollte man durch drastische Einschränkungen die Welle brechen. Politik und Medien befeuerten die Hoffnung, dass man schnell zur Normalität zurückkehren werde, wenn man jetzt nur geschlossen und konsequent gegen das Virus vorgeht. Kaum einer ahnte, dass auf die erste, die zweite Welle folgen würde. In der Öffentlichkeit diskutierte man auch nicht darüber, dass auf die zweite die dritte, auf die dritte die … x-te Welle anrollen könnte.

Heute ist die Verunsicherung umso größer und man mag sich kaum mehr der Hoffnung hingeben, dass die Pandemie Ende September 2021 vorüber ist. Es scheint, dass wir mit der Bedrohung leben müssen. Dabei ist hilfreich sich vor Augen zu halten, dass wir nicht die erste Generation sind, deren Leben durch eine Krankheit gefährdet ist. C.S. Lewis verweist auf eben diesen Umstand, dass Generationen vor uns ebenfalls mit Gefahren umgehen mussten. 1948, als viele Menschen fragten: „Wie sollen wir in einem Atomzeitalter leben?“, schreibt er: „Naja, so wie Sie im sechzehnten Jahrhundert gelebt hätten, als die Pest die Stadt London fast jedes Jahr heimgesucht hat, oder wie Sie im Wikingerzeitalter gelebt hätten, als Räuber aus Skandinavien jede Nacht bei uns hätten landen und Ihnen die Kehle durchschneiden können; oder eben so, wie Sie bereits jetzt im Zeitalter von Krebs, Syphilis, Lähmung, Terroranschlägen, Luftangriffen und Verkehrsunfällen leben.“ Wir leben in einer Welt, in der es schon vorher viele Möglichkeiten zu sterben gab – und in der der Tod keine vage Möglichkeit, sondern schon immer Gewissheit war.

Der zweite Aspekt auf den er aufmerksam macht, ist ebenfalls bedenkenswert und auf die Bedrohung durch das Virus übertragbar. Lewis führt aus: „Wenn wir alle durch eine Atombombe zerstört werden, dann soll diese Bombe uns wenigstens dabei erwischen, wie wir sinnvolle und menschliche Dinge tun – beten, arbeiten, unterrichten, lesen, Musik hören, die Kinder baden, Sport treiben oder mit unseren Freunden bei einem guten Halben und einem Dart-Spiel plaudern. Nicht ängstlich zusammengekuschelt wie Schafe, die nur noch über Bomben nachdenken. Bomben mögen unseren Körper zerstören (auch eine Mikrobe kann das tun …), aber sie müssen unseren Geist nicht beherrschen.“

Die geistige Überlegenheit und Freiheit, die in diesen Worten zum Ausdruck kommen, wünsche ich uns. Dass wir aufstehen und leuchten, weil wir wissen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Dass wir uns nicht ängstlich verkriechen, in Schwermut verfallen oder zynisch über Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie urteilen, vielmehr Zuversicht ausstrahlen und „sinnvolle, menschliche Dinge tun.“

Niemand kann abschätzen, wie lange uns die Pandemie begleitet. Unter Umständen müssen wir nicht in Monaten, sondern Jahren rechnen. Mich tröstet dabei das Wissen, dass die Zeit von Gott bemessen wird. Auch die Zeit, in der wir Schweres erleben.

„Fürchte dich nicht“ wird einer Gemeinde in der Offenbarung zugerufen. Die Christen in der Stadt Smyrna wurden damals hart bedrängt. Sie waren arm. Es wurde über sie gelästert. In diese schwere Situation hinein, wird ihr gesagt: „Fürchte dich nicht“. Wir würden vielleicht erwarten, dass der Satz weitergeht mit: „Denn ich bin bei dir.“ Oder: „Denn deine Feinde können dir nicht schaden.“ Aber diese Versicherungen werden hier nicht gegeben. Vielmehr lautet der vollständige Satz: „Fürchte dich nicht vor dem, was dir an Leiden bevorsteht! … Zehn Tage wirst du Schweres durchmachen. … Bleibe mir treu.“ (Offb.2, 8ff). Der Gemeinde in Smyrna hat Gott das Leiden nicht erspart. Vielmehr hat er ihr zehn Tage Schweres zugemutet und sie aufgefordert, treu zu bleiben.
Selbst wenn wir nicht wissen, wann wir zu einem neuen „Normal“ zurückkehren werden, dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott die Dauer bemisst. Dieses Wissen lässt uns durchhalten und befähigt dazu, in der Zwischenzeit unsere Berufung zu leben:

Steh auf und leuchte. Arise & shine. Auf, werde Licht!

Herzliche Grüße,
Reiner

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